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Die Nachlese zur Online Session: Launch & Learn DSL DE Logbuch

Das Launch and Learn – wenn ein Logbuch in See sticht!

 

Fast ein Jahr nach dem Launch and Learn von Data Saves Lives Deutschland hat das Team es wieder getan. Wir haben gelauncht und gelernt. Dieses Mal ging es um das DSL DE Logbuch 2023 – Navigieren in schwierigen Datengewässern. Im November hat Data Saves Lives Deutschland das Logbuch, die große Analyse mit einem fulminanten Stapellauf zu Wasser gelassen und bis heute erhalten wir extrem positives Feedback.

Ein guter Zeitpunkt, das Logbuch mit vier tollen Expertinnen und Experten zu diskutieren:

Dr. Nilofar Badra-Azar vom Bundesministerium für Gesundheit

Martin Praast, IT-Experte und Patientenvertreter

Katharina Schüller, Data Scientist & CEO @ STAT-UP

PD Dr. Benjamin Friedrich, CMO von Temedica und Mitglied im DSL DE Beirat und natürlich mit unserer Community.

 

Mit rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Bereichen: gesetzliche Krankenversicherung, Industrie, Behörden und Ministerien und Datenexperten, sowie einigen PatientenvertreterInnen haben wir Fragen rund ums Logbuch beantwortet und darüber diskutiert, wo es derzeit schwierig ist und wer wann welche Unterstützung braucht.

„Wir brauchen Daten, um Versorgung zu verbessern“, so Dr. Nilofar Badra-Azar in ihrem Statement und erhielt breite Zustimmung der Runde. Allerdings gibt es eine Frage zu klären, so Katharina Schüller: Warum brauchen wir Daten?

Eine Frage, die uns auch bei Data Saves Lives Deutschland umtreibt, denn wir hören sie immer noch sehr oft gerade von PatientInnen. Wir haben festgestellt, auch in unserer Analyse, dass es oft an Informationen fehlt. Kommunikation ist der Schlüssel, um Vertrauen wie Verständnis zu schaffen, das wurde auch in unserer Arbeit deutlich. Aber auch eine andere Gruppe, braucht mehr Wissen, so Katharina Schüller in ihrem Statement: Datennutzer brauchen die Kompetenz um Daten zu nutzen.

Sie stellte die Frage: Brauchen wir einen Datenführerschein?

Martin Praast formulierte es pragmatisch: Meine Mutter muss es verstehen, dann ist es richtig. Damit brachte der Patientenvertreter die Sicht vieler ein, die derzeit ein hohes Informationsdefizit aufweisen: Gerade ältere oder technisch nicht versierte Personen wie auch die, die sich kein Smartphone leisten können, müssen besonders gut informiert und begleitet werden. Seine Forderung: „Aufklärung und Risikenaufklärung müssen noch viel besser werden.“

Dass Daten großes Potenzial bieten, so Dr. Benjamin Friedrich, sei unbestritten. Allerdings ist es auch wichtig, zwischen primären und sekundären Gesundheitsdaten zu unterscheiden. Während primäre Gesundheitsdaten die sind, die direkt beim Arzt erhoben werden, sind sekundäre Daten also Daten z. B. aus der Forschung extrem wichtig, um Wissen zu erweitern.

„Sie nicht zu nutzen, ist gelinde gesagt, fahrlässig“, so der Arzt aus Sicht seiner langjährigen Klinikerfahrung.

Für Friedrich sind vier Punkte extrem wichtig:

1.     Menschen mit chronischen Erkrankungen kommen in den „Driverseat“ in ihrem Erkrankungsmanagement, sie werden zu Experten ihrer Therapie.

2.     Patienten sind Individuen und selbst Ärzte können nicht alles wissen, daher hilft ein Datenpool besser zu recherchieren und Empfehlungen abzugeben.

3.     Versorgungsstrukturen können verschlankt werden weil Mehrfachtests vermieden werden können.

4.     Verbesserung für die Forschung, so können auch individuelle Ausprägungen einer Erkrankungen einbezogen werden.

 

Was auch allen in der Runde wichtig war ist ein Regelwerk für die Datennutzung und dieses Regelwerk müsste eigentlich eine gesellschaftliche Entscheidung sein. Was uns auch zum Thema PatientInnen- und BürgerInnenvertretung in Entscheidergremien wie z.B. der Regierung bringt. Etwas, das auch in unseren Empfehlungen im Logbuch steht. Wir haben in unserer Analyse festgestellt, dass Einbeziehung in Entscheidung nicht nur Vertrauen schafft, sondern dafür sorgt, dass mancher Beschluss verstanden und damit auch vertreten wird.

Ein anderer Aspekt kam von Katharina Schüller. Wirtschaftlichkeit. Klar ist, digitale Analysen helfen weiter, sie bieten Chancen und reduzieren den Aufwand im Büro. In Zeiten in denen die Experten über Budgets diskutieren, sicherlich eine wichtige Maßnahme um wirtschaftlicher zu arbeiten. Eine Diskussion, die auch in Richtung Digitalisierung von Behörden etc. geht. Ein anderer Vorteil von digitalen Analysen ist klar: Wir können aufgrund von Analysen Lücken identifizieren und handeln. „Hintergrundinformationen helfen, zu sehen, wo etwas nicht funktioniert“, so die Expertin.

Michael Hägele, einer der Teilnehmer brachte es auch in Richtung gematik auf den Punkt. „Daten müssen in den Alltag integriert werden, es muss flutschen!“ so sein Appell.

Wir können dem nur zustimmen, es reicht nicht nur drüber zu reden, Daten müssen quasi zur Selbstverständlichkeit werden und im täglichen Umgang bewusst genutzt, verwaltet und für Entscheidungen verwendet werden können. Von allen und in verschiedenen Informationsformaten. Diese Session war eine andere Diskussion, fachlich, spannend und mit guten Beispielen, wie man Daten nutzen kann.

Vielen Dank an unsere spannende Diskussionsrunde und alle ExpertInnen und Experten, die uns wie immer unterstützt und unsere Session mit ihren Beiträgen extrem bereichert haben. Vielen Dank auch an unsere TeilnehmerInnen und Teilnehmer, die wie immer Fragen stellten und ihre Meinung sagten.

Die Aufzeichnung gibt es hier zum Nachschauen: https://www.youtube.com/watch?v=6n5lUd04STY

Es gibt viel zu tun und das ist der beste Grund für uns und Data Saves Lives Deutschland auch im nächsten Jahr aktiv zu werden. Daran arbeiten wir jetzt und freuen uns drauf!  

DigiHealthDay – Pfarrkirchen: Ein internationaler Wissensaustausch und warum es bei AI immer um Menschen geht …

von Birgit Bauer 

"Technology (AI) will not change anything, it's the people behind technology" Dr. Rajendra Pratap Gupta (PHD)

Technologie, in diesem Fall künstliche Intelligenz, wird nichts ändern, es liegt an den Menschen hinter der KI, so ein Zitat von Dr. Rajendra Pratap Gupta (PHD) beim DigiHealthDay 2023 des Deggendorf Institute of Technology am 10. November in Pfarrkirchen.

Zahlreiche internationale Experten zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen und Teilen von Gesundheitsdaten trafen auf StudentInnen, um sich gemeinsam intensiv dem Austausch von Wissen rund um Digitale Gesundheit und mit vielen Fachfragen zu befassen. Das Ergebnis sind neben zahlreichen Vernetzungen, Erkenntnisse und Perspektivenwechsel, die durch die einzelnen Vorträge, begonnen beim aktuellen Status der Digitalisierung bis hin zum Blick in die Zukunft von Gesundheitszentren auf Meta, möglich wurden. Eine kleine Stadt in Niederbayern wurde für einen Moment zum Zentrum der Digitalisierung im Gesundheitswesen in Europa und zu einem HotSpot für spannende Diskussionen und einem Austausch von Wissen auf sehr hohem Niveau. Das Organisationsteam unter der Leitung von Prof. Georgi Chaltikyan hatte eine Veranstaltung auf die Beine gestellt, die sowohl Mediziner informierte und mit  Tech Gurus vereinte.

So entstand eine Plattform, die wir von Data Saves Lives Deutschland um eine neue Perspektive erweiterten: Patienten.

Als Gründerin und Projektkoodinatorin und als Frau, die mit MS lebt, hatte ich das Vergnügen einen Impulsvortrag zum Thema „Patienten involvieren und deren Power nutzen!“ zu halten und zu erläutern, wie man Patienten und deren Skills involviert und so bessere Lösungen schafft.  Stichwort Patientenpartizipation oder #patientsinvolved.

Foto Pilar Fernandes!

Bekannt ist, dass gerade Expertenkreise gerne über PatientInnen diskutieren, aber nur selten mit ihnen. Wir wissen auch, dass das nicht reicht.

PatientInnen verdienen einen besseren Platz als den an der Seitenlinie, wo sie ab und an eine mehr oder weniger spannende Frage erhalten, aber sonst nur selten gehört werden. Im Gegenteil. Wenn man Gesundheit digitalisieren will, muss man das mit allen Beteiligten tun. Menschen mit Erkrankungen und deren pflegende Angehörige gehören unbedingt dazu. „Lippenbekenntnisse reichen nicht. Patienten einzuladen, aber nur, damit man sagen kann, dass sie dabei waren, ist keine dauerhafte Lösung“, so eines meiner Statements dazu. Als Mensch, der mit MS lebt, kenne ich den Zustand genau, wenn an mir vorbei entschieden wird. Und ehrlich gesagt, ich mag ihn nicht. Ich bin, wie alle Menschen mit Erkrankungen durchaus in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen. Besonders wenn sie direkten Einfluss auf mein Leben haben. Und genau das passiert, wenn eine Entscheidung von anderen getroffen wird: sie betrifft Menschen mit Erkrankungen direkt. Das heißt, der Effekt tritt oft sofort ein und wir als Menschen mit Erkrankungen müssen damit klarkommen. Ob das nun zu unserem Lebensstil passt, interessiert selten.

Unser Vortrag brachte viele Menschen zum Nachdenken und wir erhielten tolles Feedback. Viele StudentInnen erkundigten sich beim Team DSL DE nach weiteren Informationen oder Erkenntnissen, die sie für ihre Masterarbeiten oder Projekte nutzen können.

Auch das Thema künstliche Intelligenz kam ins Spiel.

Für uns von DSL DE ist es ein spannendes Thema. Uns ist klar, es gibt noch viel zu verstehen. Wir sind oft mit nicht korrekten Aussagen konfrontiert, KI übernehme das Ruder und sei an sich gefährlich. Auch die Angst, dass KI in der Behandlung eine führende Rolle übernehmen und ÄrztInnen quasi überflüssig machen könnte, geht in Patient Communities und oft bei Patientenorganisationen um.

Daher war der Vortrag von Dr. Gupta so spannend. Klar ist, KI hilft. Schon heute wird sie zum Beispiel in der Radiologie als Unterstützung eingesetzt und kann frühzeitige Symptome identifizieren, wie zum Beispiel bei Diabetes. Hier wird eine KI eingesetzt um anhand von Röntgenbildern des Brustkorbs potenzielle Diabetes-Typ2-Risikopatienten bereits Jahre vor einer offiziellen Diagnose zu identifizieren. [1]

Klar ist, KI muss kontrolliert werden, ebenso zählt die Qualität des Wissens, mit dem man den Algorithmus anreichert.  Eine Erfahrung, die wir im Kleine machten, mit ChatGPT, den wir zum Welt MS Tag an seine Grenzen brachten und der Bot zugab: Ich weiß nicht alles, ich bin nur so gut, wie meine Quellen sind. Die EU hat sich im Juni 2023 in Sachen AI Act positioniert und ein Rahmenwerk geschaffen um die Nutzung von künstlicher Intelligenz zu regulieren. [2] Ob das reicht? Derzeit ist die Sache unklar, es wird weiter diskutiert. Wir müssen informiert sein, was geschieht und es ist Zeit bewusst zu agieren. Das wurde im Vortrag von Dr. Gupta klar, denn Nachteile in der Versorgung und Behandlung für PatientInnen können durchaus entstehen.

Kommunikation und Wissen und die Diskussion!

Es ist nötig, verständliches wie einfach zugängliches Wissen in die Öffentlichkeit und besonders für PatientInnen und Patientenorganisationen bereit zu stellen. Ebenso ist eine öffentliche Debatte notwendig. Gerade was KI betrifft, müssen wir damit aufhören, pauschale Allgemeinplätze zu teilen, die vom Hören Sagen garniert mit der eigenen Meinung und einem gewissen Unverständnis in Sachen Fachjargon in die Communities fließen. Wir müssen damit beginnen, zu lernen, zu reden und zu fragen, damit sich PatientInnen und BürgerInnen eine fundierte und korrekte Meinung bilden können.

Eine weitere Erkenntnis des DigiHealthDays war die, dass Wissenschaftler, Experten und Patienten zusammenkommen müssen. Wir brauchen einen gemeinsamen Dialog und müssen voneinander lernen. Nicht immer sind Positionen eindeutig und manchmal muss man die andere Perspektive verstehen, um gemeinsame Wege zu finden. Daher müssen alle einbezogen werden. Patienten können hierbei oft eine wichtige Rolle einnehmen. Sie sind Experten in ihrer Erkrankung und kennen die Bedürfnisse genau. Oft finden sie machbare Lösungen, die helfen können, Digitalisierung patienten- / nutzerfreundlich zu gestalten. Damit die einzelnen Lösungen wie KI genutzt werden.


Gemeinsam bitte! Wir brauchen eine Sprache um einander zu verstehen!

Um das zu realisieren, da sind sich die Experten einig, ist es noch ein langer Weg. Oft genug  befinden wir uns in unseren kuscheligen Silos, wo wir uns verstehen und eine Sprache sprechen. Etwas das wir ändern müssen, wir müssen lernen, einander verstehen und gemeinsame Wege finden. Damit aus Patienten wieder Menschen werden. Menschen, die informiert entscheiden und die hinterfragen, kritisch denken und damit die Geschicke einer guten und gesunden digitalen Gesundheitsgestaltung mitbestimmen.




[1] https://t3n.de/news/diabetes-ki-warnzeichen-jahre-diagnose-1585952/

[2] https://eu-digitalstrategie.de/ai-act/#:~:text=Mit%20dem%20Artificial%20Intelligence%20Act,in%20der%20Forschung%20und%20Wirtschaft