Wir haben Mattias Mieves, Mitglied des Bundestages als Gesprächspartner für unser DSL DE Insta Live gewinnen können und wir freuen uns sehr über die spontane Zusage und die Zusammenarbeit mit dem Team von Herrn Mieves, die uns in der Vorbereitung sehr geholfen haben.
Zitat: „Matthias Mieves ist Sprecher für e-Health für die SPD-Fraktion und ordentliches Mitglied im Gesundheitsausschuss und im Ausschuss für Digitales im Deutschen Bundestag. Er möchte die Digitalisierung und Innovation im Gesundheitswesen nutzen, um für die Menschen in Deutschland mehr Transparenz zu schaffen, Behandlung und Vorsorge zu verbessern sowie Zeitaufwand für Bürokratie und Dokumentation zu verringern – damit mehr Zeit bleibt fürs wirkliche Kümmern.“
Mehr zu unserem Gesprächspartner findet Ihr hier: https://matthiasmieves.de
Kommen wir nun zu den Antworten von Konstantinos Stavrakis und Dr. med. Nikolaus Schmidth-Sibeth.
Wir weisen darauf hin, dass nicht alle Fragen von allen beantwortet worden sind. Das ist verständlich. Daher haben sich unsere Experten den Fragen gestellt, die sie gut beantworten konnten. Ebenso weisen wir darauf hin, dass wir keine Gewähr für die Antworten übernehmen, da wir sie zwar geprüft haben, aber im Wortlaut den Verfassern der Antworten nicht verändert haben.
A. Ein E-Rezept erhalten
1. Aktuell scheinen E-Rezepte nicht immer zeitnah in den Apotheken vorzuliegen. Ärzte raten teilweise dazu, bis zu 24 Stunden mit dem Gang zur Apotheke zu warten. Wie schnell wird ein E-Rezept aktuell weitergegeben und kann in der Apotheke abgerufen werden?
Konstantinos Stavrakis: Sobald der Arzt eine Signatur vorgenommen hat, steht das E-Rezept zum Abruf zur Verfügung. Jedoch gibt es verschiedene Signaturverfahren, wie z. B. die Stapelsignatur, bei der mit einem Klick mehrere E-Rezepte signiert werden können, dies meist aber erst verspätet getan wird.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Bei TeleClinic signieren und versenden die Ärzte das E-Rezept immer sofort nach der Erstellung. Wir bieten momentan bewusst keine Möglichkeit an, die Rezepte auf einen Stapel zu legen und später zu signieren. Mit der Komfort-Signatur ist das, auch aus Usability Sicht, nicht notwendig.
2. Muss die eGK (elektronische Gesundheitskarte) künftig im Rahmen einer Dauermedikation in der Praxis auch weiterhin jedes Quartal eingelesen werden?
Konstantinos Stavrakis: Die Gesundheitskarte ist die Grundlage für die Abrechnung der Arztpraxis und muss deshalb weiterhin wie gewohnt vorgelegt werden. Es gibt aber politische Überlegungen, hier ggf. Änderungen auf den Weg zu bringen, um die Ausstellung von Folgerezepten im Quartal ohne weitere Präsenz in der Arztpraxis zu ermöglichen. Bereits jetzt möglich ist das Wiederholungsrezept oder auch die Mehrfachverordnung. Damit sind nach der Erstabgabe bis zu drei wiederholte Abgaben des gleichen Medikaments möglich.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Eine regelmäßige Prüfung des Versicherungsstatus des Patienten halte ich für notwendig. Allerdings würde ich stark darauf hoffen, dass es zukünftig Wege gibt (eventuell mit CardLink), dass ohne den Besuch in der Arztpraxis zu ermöglichen.
B. Ein E-Rezept einlösen
1. Was müssen Angehörige von E-Rezept-Empfängern für das Einlösen des E-Rezeptes vorlegen (z.B. Ausweis, Vollmacht) und berücksichtigen?
Konstantinos Stavrakis: Wie bisher können Vertreterinnen oder Vertreter Rezepte einlösen. Dafür benötigen sie die eGK oder den E-Rezept Ausdruck der entsprechenden Person, eine Vollmacht wird nicht benötigt.
2. Kann ich das E-Rezept in jeder Apotheke einlösen? Wie ist der Vorgang bei Online-Apotheken?
Konstantinos Stavrakis: Das E-Rezept kann in allen Apotheken in Deutschland eingelöst werden. Auch Online-Apotheken lösen das E-Rezept ein, dafür wird der Rezeptcode benötigt, der entweder in der eRezept-App der gematik zu finden oder auf Nachfrage als Ausdruck in der Praxis erhältlich ist. Der Rezeptcode wird in der Apotheke gescannt. Auch das Hochladen eines Fotos oder einer PDF-Datei mit dem Rezeptcode kann möglich sein.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Jede Apotheke, die Zugriff auf die TI hat und die Daten des E-Rezepts bekommt, kann das Rezept abrufen und einlösen. Gleiches gilt bei Versendern.
(Anmerkung der Redaktion TI = Telematik Infrastruktur und kommt von der gematik. Es handelt sich hier um ein sicheres Daten-Netzwerk, das den "Transport" des E-Rezeptes ermöglicht und mit dem unter anderem Ärzte und Apotheker arbeiten)
3. Meine Apotheke kann/möchte das E-Rezept nicht einlösen. Kann es technische Gründe haben?
Konstantinos Stavrakis: Apotheken sind bereits seit dem 1. September 2022 flächendeckend in ganz Deutschland in der Lage, E-Rezepte einzulösen. Laut IT-Dashboard der gematik sind Stand 01.03.2024 über 17.500 Apotheken in der Lage, E-Rezepte zu verarbeiten. Anmerkung der Redaktion: Das Dashboard ist quasi die Benutzeroberfläche auf der Rezepte verarbeitet oder bearbeitet werden.
4. Wie wird in der Apotheke sichergestellt, dass ich der Besitzer der eGK bin und das Rezept für mich ist? Was, wenn ich meine eGK verloren habe?
Konstantinos Stavrakis: Beim E-Rezept prüft die Apotheke analog dem rosafarbenen Zettel auf Plausibilität und Identität vor der Abgabe. Wenn die eGK verloren wurde, ist eine Sperrung durch die Krankenkasse zu veranlassen und es wird eine neue eGK ausgestellt.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Im Zweifel kann die Apotheke das Foto auf der eGK mit der Person abgleichen. Beim Verlust der eGK kann der Arzt auch den Patientenausdruck mitgeben, der zum Einlösen des Rezepts ausreichend ist.
5. Gibt es in der Apotheke Unterschiede in der Abwicklung und Ansicht von Informationen zwischen dem bisherigen Papierrezept und dem E-Rezept?
Konstantinos Stavrakis: Bis auf den Unterschied, dass das Rezept jetzt nicht mehr als Papier ausgehändigt, sondern elektronisch übermittelt wird, ändert sich gar nichts. Denn die Patientendaten bleiben ja gleich.
C. Das E-Rezept in der Verarbeitung
Was passiert technisch beim E-Rezept (einfach und nachvollziehbar erklärt)?
Konstantinos Stavrakis: Elektronische Rezepte (E-Rezept) werden von einer Ärztin bzw. einem Arzt digital erstellt, signiert und in der sicheren Telematikinfrastruktur (E-Rezept-Fachdienst) gespeichert. Anschließend können Patientinnen und Patienten es in einer Apotheke einlösen. Dafür können Sie eines der drei Verfahren nutzen: ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK), die E-Rezept-App der gematik oder einen Papierausdruck, die als Schlüssel dienen, um Apotheken den Zugriff auf den E-Rezept-Fachdienst zu ermöglichen.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Technisch wird die Berechtigung zum Erhalt eines Medikamentes jetzt nicht mehr auf das Papier gedruckt, sondern zentral in einem gesicherten Netzwerk gespeichert und sind dem Patienten zugeordnet. Anstelle, dass der Patient nun ein Papierrezept vorlegen muss, kann die Apotheke diesen Datensatz einfach aus dem Netzwerk lesen und verarbeiten.
2. Wie sicher ist das E-Rezept? Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen?
Konstantinos Stavrakis: Die E-Rezepte werden von der Arztpraxis verschlüsselt an einen zentralen Dienst übertragen, dort verschlüsselt gespeichert und verarbeitet und wieder verschlüsselt von der Apotheke abgerufen. E-Rezepte sind somit vor unbefugtem Zugriff geschützt.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Das E-Rezept liegt in einem sehr stark gesicherten Netzwerk, welches nur über spezielle Hardware und Identifikationskarten genutzt werden kann. Zusätzlich werden Datensätze beim E-Rezept noch von einem Arzt mit einer PIN signiert. Dementsprechend ist es sehr schwer E-Rezepte unerlaubt zu manipulieren oder zu vervielfältigen
3. Beim Papier-Rezept konnten Patienten bisher bereits in der Praxis alle Angaben auf dem Rezept auf Richtigkeit prüfen. Nun ist das E-Rezept scheinbar erst in der Apotheke einsehbar. Welche Korrekturmöglichkeiten bestehen in der Apotheke? Wenn die Angaben nicht korrekt sind, ist es dann nötig, noch einmal zur Arztpraxis zurückzugehen und das Rezept korrigieren zu lassen?
Konstantinos Stavrakis: Das ist nicht korrekt. Apotheken können im Abgabedatensatz der E-Rezepte nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben Korrekturen und/oder Ergänzungen vornehmen. Das Rezept kann zudem von der Arztpraxis gelöscht oder neu ausgestellt werden. Die Praxis kann das E-Rezept allerdings nur stornieren, wenn es noch keiner Apotheke zugewiesen wurde.
4. Was ist, wenn ich meine eGK verliere und noch ein Rezept zum Einlösen gespeichert ist?
Konstantinos Stavrakis: Ohne einen entsprechenden Schlüssel (in diesem Fall eGK) kann ein hinterlegtes E-Rezept nicht abgerufen werden. Die verlorene Karte sollte zudem direkt bei der Krankenkasse gesperrt werden.
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: In diesem Fall kann der Arzt nachträglich einen Ausdruck des E-Rezeptes erstellen und dem Patienten aushändigen. Dieser Ausdruck reicht der Apotheke dann, um den richtigen Datensatz zu finden.
D. Weitere Fragen oder Anwendungen
1. Werden Privatrezepte, wie für Frauen das Rezept für die Anti-Baby-Pille, für GKV-Patienten auch als E-Rezept ausgestellt?
Konstantinos Stavrakis: Auch Privatrezepte können als E-Rezept ausgestellt werden, sofern dies von dem PVS der Arztpraxis unterstützt wird.
(Anmerkung der Redaktion: PVS – PraxisVerwaltungsSystem)
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Ja, GKV-Patienten können auch nicht erstattungsfähige Arzneimittel als E-Rezept ausgestellt bekommen. Privatpatienten müssen noch etwas auf eine etablierte Lösung warten.
2. Wie ist das weitere Ausrollen bei den bisher noch nicht realisierten Rezeptvarianten geplant (z. B. BTM, Physiotherapie, Heilmittel … )?
Konstantinos Stavrakis: Betäubungsmittelrezepte sollen ab Mitte 2025 elektronisch verordnet werden können. Heilmittel sollen laut der gematik ab 01.01.2026 als eVO ausgehändigt werden. Mehr Informationen gibt es auf der Roadmap der gematik.
(Anmerkung der Redaktion: eVO – elektronische Verordnung)
3. Besteht grundsätzlich noch die Option, in der Praxis das bisherige reguläre Format (rosa und auf Papier) zu erhalten?
Konstantinos Stavrakis: Als Ersatzverfahren im Notfall bzw. Ausfallszenario für apothekenpflichtige Arzneimittel und bis zur gesetzlichen Umsetzungspflicht für sonstige Verordnungszwecke wird das Muster 16 weiterhin verwendet.
(Anmerkung der Redaktion: Muster 16 – rosa Rezept, das wir bis Ende 2023 erhalten haben)
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth: Nein. Grundsätzlich sollte diese Möglichkeit nicht mehr bestehen. Im Ausnahme-Fall, wenn der Arzt eine Störung in seiner Praxis-IT hat und kein E-Rezept ausstellen kann, darf er auf das rosa Papier (Muster 16) zurückgreifen (z.B. im kassenärztliche Notdienst bei Hausbesuchen)
Wir bedanken uns für die Antworten und die Unterstützung bei unseren Experten!
Das Video vom 18. März 2024 könnt Ihr hier nachschauen: