Gesundheitsdaten

Zwischen Hackerangst und Vertrauen: Die Debatte um die elektronische Patientenakte

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Die Diskussion um die elektronische Patientenakte (ePA) hat durch den Chaos Computer Club (CCC) neue Brisanz erhalten. Mit seiner Kritik an der Sicherheit der ePA stieß der CCC eine Debatte an, die sowohl bei Fachleuten als auch in der Öffentlichkeit Wellen schlug. Kurz darauf folgte eine klare Reaktion von Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach, der betonte, dass die ePA erst ausgerollt werde, wenn „alle Hackerangriffe technisch unmöglich sind“ (Ärzteblatt). Diese Aussage traf auf gemischte Reaktionen: Sie brachte berechtigte Sicherheitsbedenken in den Fokus, sorgte jedoch auch für Verunsicherung in Patient:innengruppen und öffentlicher Wahrnehmung. Neben technischen Aspekten geht es um Vertrauen, Kommunikation und den Umgang mit Kritik. Die derzeitige Lage zeigt, wie stark all diese Faktoren miteinander verwoben sind.

Was bisher geschah

Der Chaos Computer Club (CCC) kritisierte in einer Stellungnahme grundlegende Sicherheitsprobleme der ePA. Er fordert eine unabhängige Bewertung der Risiken und mehr Transparenz gegenüber Betroffenen (CCC-Stellungnahme). Die gematik reagierte und betonte, dass die vom CCC aufgezeigten Angriffsszenarien zwar theoretisch möglich, praktisch jedoch unwahrscheinlich seien. Sie erklärte außerdem, bereits Maßnahmen zur Behebung dieser Probleme zu entwickeln (gematik-Stellungnahme).

Doch trotz dieser Reaktionen blieb die Unsicherheit groß. Insbesondere Patient:innen fühlten sich unzureichend informiert. Das liegt auch daran, dass wichtige Botschaften, etwa die Stellungnahme der gematik nicht überall dort angekommen sind, wo sie ankommen müssten. Gerade weil diese Seiten und Auftritte gerade in den Patient Communities und auch bei Bürgerinnen und Bürgern nicht so bekannt sind, wie sie es sein könnten oder müssten.

Die aktuelle Lage

Der Rollout der ePA scheint wie geplant Mitte Januar zu starten. Bisher gibt es keine Anzeichen für eine Verschiebung, obwohl einige Experten dies empfohlen hatten. In Patient:innengruppen führt dies zu gemischten Reaktionen: Menschen, die bisher offen für die ePA waren, ziehen nun ein Opt-Out in Betracht. Unsicherheit und ein Mangel an klarer Kommunikation verstärken diesen Trend.

Unser bisheriger Umgang mit der Debatte

Wir haben uns mit Data Saves Lives Deutschland (DSL DE) bisher zurückgehalten und u s nur dann geäußert, wenn wir direkt angesprochen oder gefragt wurden. Es gab bereits vor gut einem Jahr zwei Webinare von DSL DE zur ePA, und seitdem verfolgen wir das Thema kontinuierlich. Als die Zahl der Diskussionen und Informationen jedoch so stark zunahm, dass sie für Laien oft nicht mehr einzuordnen war, haben wir bewusst darauf verzichtet das Thema aufzugreifen. Die ohnehin verwirrende Lage durch weitere Statements oder Aktionen zu verstärken, erschien nicht sinnvoll. Unter dem Motto „Viele Köche verderben den Brei“ war es unser Ziel, in dieser Phase nur gezielt und reaktiv auf Fragen und Bedenken einzugehen. Wir wollten dazu beitragen, Übersichtlichkeit zu bewahren und nicht noch zusätzliche Unsicherheiten zu schaffen. Was aber wichtig war, ist zu beobachten und zu sehen, wo es schwierig wird. So gesehen, einfach war es nie, aber jetzt ist es an der Zeit, das Thema aus der Position der beobachtenden Perspektive aufzugreifen.

Kommunikation: Wo es hakt

Viele Patient:innen vermissen leicht verständliche und einfach zugängliche Informationen. Viele haben sich auch von den Krankenkassen, die im vergangenen Jahr ein Informationsschreiben an ihre Mitglieder gesendet haben, nicht gut aufgeklärt. Essenzielle Fragen wie:

  • Wie sicher sind meine Daten?

  • Welche Vorteile bringt mir die ePA?

  • Wie wird die ePA im Alltag funktionieren?

  • Wie stelle ich die Sichtbarkeit meiner Daten ein?

  • Wo bekomme ich die ePA?

  • Was passiert mit Angehörigen, die die ePA nicht bedienen können?

blieben unbeantwortet. Hinzu kommt, dass Informationskampagnen bisher vor allem in Großstädten die ePA präsentiert und darüber informiert haben, was verständlich ist, weil man nicht überall sein kann. In dem Fall vielleicht sein müsste, weil es reicht längst nicht. Hier vermittelt sich der Eindruck ländliche Gebiete seien außen vor und das führt zu Ungleichheit.  

Doch es gibt auch positive Ansätze.  Die Modellregion in Franken beispielsweise bietet auf der Website Bürgerinformationen an, versucht, aufzuklären und Bedenken direkt zu adressieren. Hier finden auch immer wieder Veranstaltungen statt, die offen für die Teilnahme von interessierten Bürgerinnen und Bürgern ist. Solche Projekte sind begrüßenswert, aber für flächendeckendes Vertrauen brauchen wir mehr davon.  

Eine kürzlich veröffentlichte Studie (BMC Health Services Research) zeigt, wie wichtig Transparenz und Nutzer:innen-Einbindung für die Akzeptanz digitaler Gesundheitslösungen sind. Mangelnde Kommunikation beeinträchtigt das Vertrauen erheblich – ein Punkt, der in der ePA-Debatte besonders relevant ist.

Was jetzt helfen kann:

  • Transparente Kommunikation: Offizielle Stellen sollten proaktiv über Sicherheitsmaßnahmen, Zeitpläne und Vorteile informieren.

  • Vertrauen stärken: Begleitende Aufklärungskampagnen müssen alle Bevölkerungsgruppen möglichst früh erreichen, auch in ländlichen Regionen.

  • Sachliche Diskussionen fördern: Experten sollten bedenken, dass ihre Aussagen auch Laien erreichen. Verständliche und lösungsorientierte Beiträge sind entscheidend.

  • Bürger:innen und Patient:innen einbinden: Feedback aus den Modellregionen sollte frühzeitig erhoben und transparent genutzt werden, um Informationslücken zu schließen. Ebenso ist es wichtig, in allen Regionen Angebote, digital und auch analog, zu machen und dafür zu sorgen, dass die öffentliche Diskussion stattfinden kann. Warum nicht umgekehrt denken und von der kleinsten lokalen Ebene in die nächsten größeren Ebenen, regional, überregional etc. arbeiten und so alle, die sich interessieren einbinden?

Vielleicht ist es an der Zeit, anzuerkennen, dass absolute Sicherheit in der digitalen Welt nicht existiert. Damit will ich weder den Datenschutz noch die Datensicherheit in ihrer Wichtigkeit reduzieren. Aber wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir schützen und was wir womöglich auch hier ändern müssen. Das ist klarerweise ein Risiko aber das andere Risiko ist, dass wir Menschen verlieren, Vertrauen verspielen und Chancen vergeben.

Wir brauchen eine Balance zwischen größtmöglicher technischer Sicherheit, klarer Kommunikation und einem ehrlichen Dialog mit den Menschen. Dies erfordert Mut – den Mut, Unsicherheiten transparent zu machen und gemeinsam Wege zu finden, wie Risiken gemanagt werden können. Es bedarf auch besserer Kommunikation und regionaler Ansätze, wie sie in Modellregionen wie Franken bereits erprobt werden. Eine solche Herangehensweise könnte nicht nur das Vertrauen stärken, sondern auch helfen, die ePA als Chance wahrzunehmen.

Birgit Bauer

Die große DSL DE Umfrage: Kommunizieren wir schon oder reden wir nur?

Die große DSL DE Umfrage zum Thema Kommunikation mit PatientInnen und BürgerInnen! 

Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Bürgerinnen und Bürger

bereits in unserem DSL DE Logbuch 2023 haben wir in einer Liste von Empfehlungen die Kommunikation als Schlüsselthema hervorgehoben. Trotz vieler Bemühungen bleibt die Frage bestehen: Wie kommunizieren wir richtig?

Für unsere nächste Ausgabe des DSL DE Magazins für 2024 / 25 haben wir uns vorgenommen, das Thema Kommunikation näher zu betrachten. Klar ist, dass Kommunikation und Information sind Schlüssel für das Verstehen und Verständnis und damit auch für Akzeptanz sind!

In den letzten Monaten haben wir intensiv mit Entscheidungsträgern, Regierungsmitgliedern und vielen anderen Expertinnen und Experten gesprochen. Ein zentrales Thema war, dass Kommunikation im Gesundheitswesen oft nicht dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Viele Menschen fühlen sich nicht ausreichend informiert oder verstehen die Informationen nicht. 

Daher haben Expertinnen und Experten uns gefragt, wie man Kommunikation besser gestalten kann. Welche Ansätze sind nötig, um die Menschen wirklich zu erreichen?

Jetzt sind Sie seid Ihr , jetzt bist DU gefragt.

Helfen Sie uns mit Ihrer Meinung dabei, Expertinnen und Experten zu erklären, wie sie ihr Fachwissen mit Euch teilen können, um gemeinsam digital zu werden und Digitalisierung im Gesundheitswesen zu verstehen. 

Wir möchten wissen, was Ihnen und Dir wichtig ist, wenn es darum geht, mehr über Digitalisierung und Gesundheitsdaten zu erfahren.

Diese Themen betreffen uns alle, daher ist es wichtig, Ihre und Deine Meinung und Bedürfnisse in Sachen Information zu kennen und dieses Wissen an die Experten weiterzugeben, um ihnen zu helfen, ihr Wissen zu teilen. Uns ist klar, dass das weite Felder sind, daher gibt es einige Fragen für beide Themen, andere für jedes Thema separat. Wir bitten Sie und Dich um die Antworten für alle Fragen, um genau festzustellen, wo es Ihrer und Deiner Meinung nach Lücken gibt. 

Ihre, Deine Meinung zählt!

  • Teilt Eure Ansichten: Was brauchen Sie, was brauchst Du um Informationen zu Gesundheitsdaten und Digitalisierung als vertrauenswürdig zu empfinden?

  • Gestaltet die Zukunft mit: Alle Eure Antworten fließen in unser DSL DE Logbuch 2024/25 ein und können dabei helfen, die Kommunikation im Gesundheitswesen zu verbessern und sie verständlich zu machen.

Alle anonym gemachten Ergebnisse stellen wir den relevanten Entscheidungsträgern zur Verfügung. Helfen Sie ,hilf Du mit, die Gesundheitskommunikation in Deutschland zukunftsfähig zu machen! Wir sammeln keine Emailadressen in dieser Umfrage, erheben nur nötige, anonyme Daten, die uns helfen, zu sehen welche Gruppe was braucht und wo wir Lücken in der Informationsversorgung erkennen können. 

Aktuell noch immer zum Nachlesen gibt es unser DSL DE Logbuch 2023 kostenfrei zum Download: https://www.datasaveslives.de/das-dsl-de-logbuch

Vielen Dank für Ihre und Deine Unterstützung!

Birgit Bauer und das Team von Data Saves Lives Deutschland

Auf dem Weg zur Datennutzung – Zwischenstand - von Dr. Henrik Matthies

Wir freuen uns, heute Dr. Henrik Matthies, Gründer und Geschäftsführer von Honic als Gastautor begrüßen zu dürfen. Der Beitrag spiegelt die Perspektive des Verfassers wieder. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Während der Corona-Pandemie konnten wir in Deutschland nur mit großer Mühe nachvollziehen, wie gut unser Gesundheitssystem jeweils mit der Pandemie umgehen konnte. Wichtige Erkenntnisse, wie die Frage welche Mutante des Covid-Virus aktuell besonders verbreitet war, ob und welche Impfung überhaupt schwere Verläufe verhindert und welche Medikamente eventuell helfen konnten, erhielten wir damals nur aus dem Ausland, vor allem aus England und Israel. Beide Länder haben schon vor vielen Jahren eine einheitliche Dateninfrastruktur aufgebaut, Datenstandards etabliert und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen um so fast in Echtzeit verfolgen zu können, wer wie wo warum behandelt wird. Davon sind wir in Deutschland noch sehr weit entfernt.

Datennutzung wird oft in zwei Bereiche unterteilt: 

 Primärnutzung für die medizinische Versorgung der Patient:innen sowie 

Sekundärnutzung für medizinische Forschung, die zumeist später und unabhängig von der eigentlichen medizinischen Versorgung angegangen wird.

 Rund um die bessere Primärnutzung der Gesundheitsdaten ist in den letzten Jahren einiges passiert: Mit der Telematik-Infrastruktur (TI) wurde eine eigene sichere ‚Datenautobahn‘ für Gesundheitsdaten durch die gematik, der Digitalagentur des Gesundheitsministeriums entwickelt, die alle Ärzt:innen und Therapeut: innen miteinander verbindet: Vom Krankenhaus über die niedergelassenen Ärzte und die Apotheken bis zur Physiotherapie und später auch Pflege.

Auf dieser Grundlage werden nun verschiedene Lösungen wie das e-Rezept oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entwickelt, die bisher papierbasiert waren. Sie werden nun digital.  Mit dem TI-Messenger gibt es nun auch eine Art sichere E-Mail um Informationen zwischen Ärzt:innen auszutauschen. Etwas, das bis dato in Deutschland hundertausendfach täglich vor allem über Faxe, Briefe und Telefonanrufe passierte. Das muss man im Jahr 2024 erstmal sacken lassen. Ab nächstem Jahr soll schrittweise jeder Versicherte auch eine elektronische Patientenakte (ePA) erhalten, in der wichtige medizinische Informationen gespeichert werden (Weitere Informationen zur neuen ePA für alle).

 Deutlich unbekannter, weil für Patient:innen direkt nicht unmittelbar erlebbar, hat sich auch einiges bei der Sekundärnutzung von Daten getan - also der Frage, ob und wie medizinische Daten auch für die Forschung genutzt werden können. Zum einen hat der Staat mit dem Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ  - Gesundheit) rechtlich eine neue Institution geschaffen, die Abrechnungsdaten von Krankenkassen in Zukunft mit Krebsregisterdaten, ePA-Daten und später auch Genomdaten unter bestimmten Voraussetzungen zusammenführen darf.

Natürlich unter Wahrung der Datenschutzanforderungen, wie z.B. die DSGVO und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz.  Forschende dürfen am Ende nur mit Daten arbeiten, die keinen Rückschluss auf eine reale Person ermöglichen. Wir sprechen hier über so genannte synthetische Daten. Das sind künstlich erzeugte Daten, die reale Daten imitieren, ohne echte Datenpunkte zu enthalten. Sie werden aus Originaldaten mithilfe von mathematischen Modellen generiert und bieten ähnliche statistische Ergebnisse, wodurch sie sicher für Analysen verwendet werden können.

Neben staatlichen Stellen wie dem FDZ -  Gesundheit, welches beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) etabliert wird, entsteht in Deutschland gerade auch ein Ökosystem rund um Datennutzung von privaten und teil-staatlichen Akteuren wie zum Beispiel Daten von Laboren oder Apotheken, die zur Erforschung neuer Wirkstoffe genutzt werden. Natürlich ebenfalls unter Wahrung aller Datenschutzanforderungen.

Während bis vor wenigen Jahren noch die Frage des „ob“ (ob Gesundheitsdaten genutzt werden) im Zentrum der Diskussion stand, kommt durch Gesetze wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) auf nationaler oder des European Health Data Spaces (EHDS) auf europäischer Ebene das „wie“ immer mehr in den Fokus.

„Wie“ wollen wir in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren Daten teilen und für Forschung nutzen? Wer hat welche Rechte und Pflichte? Wo müssen wir aufgrund technologischer Entwicklungen (Künstliche Intelligenz, Federated Learning – also die Analyse von Daten bei denen nicht die Daten an einen zentralen Ort wandern, sondern stattdessen die Analysetools technisch zu den Daten gebracht werden etc.) Denkmuster hinterfragen, wo Möglichkeiten schaffen oder auch eingrenzen?

Hauptaufgabe für alle Akteure rund um die entstehende Datennutzung in Deutschland wird es in den nächsten Monaten sein, eine Interoperabilität zwischen den unterschiedlichen staatlichen wie privaten Lösungen zu gewährleisten, so dass Forschende unter Wahrung des Datenschutzes möglichst viele relevante Gesundheitsdaten in ihre Forschung einbeziehen können. Damit wir in Deutschland nicht analoge Silos „nur“ digitalisieren, sondern neue digitale Möglichkeiten entwickeln, die die medizinische Versorgung nachhaltig verbessern können.

Mit diesen Möglichkeiten können wir schon heute in Deutschland tagesaktuelle Übersichten über Erkrankungsfelder und Patientengruppen schaffen. Damit kann man zum Beispiel erkennen, wie die medizinische Versorgung in einer Region in einer Erkrankung umgesetzt wird und Lücken erkennen.  Wir können sehen, wo eine Unterversorgung oder auch eine Überversorgung stattfindet und mit diesen Erkenntnissen die medizinische Versorgung zu verbessern. Jetzt braucht es nur noch mutige Menschen, die diese neuen Möglichkeiten ergreifen und umsetzen, dabei bekannte Pfade und Rollen verlassen, um die Zukunft aktiv zu gestalten.

Henrik Matthies

Dr. Henrik Matthies ist Gründer und Geschäftsführer von Honic, einer gemeinsam mit der Datenschutzaufsicht und Patient:innen-Organisationen entwickelte, private Forschungsplattform für Gesundheitsdaten. Zuvor war er u.a. Managing Director des health innovation hubs des Bundesministeriums für Gesundheit.

Bild: Honic

Die DSL DE Sommerreise - ein Blick in andere Länder und deren digitale Fortschritte!

In den letzten Wochen waren wir auf Instagram auf einer Art Sommerreise. Wir haben den DSL DE Koffer gepackt und haben in Spanien, Italien, Frankreich, Österreich und Portugal vorbei geschaut und uns angesehen wie es dort um die elektronische Patientenakte, die Telemedizin und auch um die Vorbereitung auf den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) bestellt ist.

Wir waren übrigens zuletzt auch noch beim Vorreiter in Sachen Digitalisierung im Gesundheitswesen, nämlich in Estland und haben festgestellt, dass es eben doch geht. Schon seit 2008 übrigens.

Für diese Reise haben wir natürlich verschiedene Quellen genutzt, die wir hier auflisten.

Zum Weiterlesen, Nachlesen, mehr wissen und sich informieren:

Deutscher Bundestag: https://www.bundestag.de/resource/blob/900612/145770ee5734b749af78a3f1f1e2bb63/WD-9-023-22-pdf.pdf

Bertelsmann Stiftung:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/der-digitale-patient/projektthemen/smarthealthsystems

TEHDAS - hier handelt es sich um ein Projekt des finnischen Innovationsfond Sitra, das es jetzt in der zweiten Auflage gibt. Der Zweck dieses Projektes war es, quasi eine Basis für den EHDS zu bereiten und zu entwickeln. Unsere Gründerin und Koordinatorin war als Mitglied der “Stakeholder Group” involviert und damit auch von Anfang an dabei.

Im so genannten TEHDAS 1 Projekt war das Team von TEHDAS in Europa unterwegs und hat sich die Situation in Sachen Digitalisierung im Gesundheitswesen angeschaut. Die Länder - Factsheets findet Ihr, neben weiteren Informationen, in englischer Sprache hier:

https://tehdas.eu/tehdas1/packages/package-4-outreach-engagement-and-sustainability/tehdas-country-visits/

Wer mehr zu TEHDAS 2 wissen möchte, kann sich hier informieren: https://tehdas.eu

Auch die Europäische Kommission informiert bereits über elektronische grenzüberschreitende Gesundheitsdienste, wer man kann also hier seine Reise noch ein wenig fortsetzen:

https://health.ec.europa.eu/ehealth-digital-health-and-care/electronic-cross-border-health-services_de

Dazu wird auch ein deutschsprachiger Flyer angeboten, den wir sehr empfehlen können, er klärt darüber auf, wie Gesundheitsdaten und Gesundheitsdienste bis Ende 2025 grenzüberschreitend eingeführt werden: https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/7344efd6-fed8-11ea-b44f-01aa75ed71a1/language-de

Dazu arbeitet auch Birgit Bauer bereits im Projekt XpanDH, das sich des “European Electronic Healthrecord exchange Format” (EEHRxf) angenommen hat und dazu verschiedene Vorschläge und Strategien erarbeitet:

https://xpandh-project.iscte-iul.pt

Bitte achtet auch auf unsere Hinweise zu unseren Online Sessions und unserem Insta Lives, die wir immer wieder anbieten, um Euch auf die kommenden Veränderungen in Sachen Digitalisierung im Gesundheitswesen hinzuweisen und zu informieren.

Wenn Ihr Fragen habt, meldet Euch gerne über unsere Kanäle oder nehmt mit DSL DE Kontakt auf!

Das IKEA-Prinzip: Der Weg zu einer wirklich patienten-zentrierten Gesundheitsversorgung?

Ein Gastartikel des Projektes H2O – die Verantwortung für die gelieferten Inhalte liegt beim Team des Projektes H2O.

Quelle Projekt H2O

Liest man die Überschrift, könnte man denken, was haben Möbel und Dekoartikel vom schwedischen Möbelriesen mit der Gesundheitsversorgung zu tun?

So gesehen, eine Anleitung mit Imbusschlüssel wird dies definitiv nicht, aber IKEA hat einige spannende Denkansätze, die das Team von H2O – dem Health Observatory, über das wir bereits hier Blogpost zu H2= berichtet haben, genauer betrachtet hat.

Der folgende Text wurde bereits hier veröffentlicht Originalartikel , und wurde uns vom Team H2O in deutscher Sprache für Euch zur Verfügung gestellt.

Wir wünschen Euch viel Spaß beim Vergleich und freuen uns wie immer über Gedanken und Anmerkungen zum Artikel!

Gesundheitswesen und IKEA sind zwei Begriffe, die man normalerweise nicht im selben Satz hört. Doch wenn wir über die Zukunft der Gesundheitssysteme nachdenken, die mit steigenden wirtschaftlichen Kosten, aber auch mit enormem Potenzial beim Einsatz digitaler Technologien konfrontiert sind, könnte der schwedische Möbelriese nützliche Denkanstöße liefern. Doch bevor wir uns mit diesen Ideen beschäftigen, betrachten wir noch kurz die Struktur der Gesundheitsversorgung an sich.

Eine wirksame und sichere Gesundheitsversorgung hängt von Daten ab. Sie zeigen oft den Zusammenhang zwischen dem Lebensstil einer Person oder einer Gruppe im Zusammenhang mit den einzelnen Behandlungsmöglichkeiten auf und lassen erkennen, was wirklich funktioniert und was nicht. Entscheidungsträger aus der Politik und dem Gesundheitssystem sowie Ärztinnen und Ärzte sind auf diese Informationen angewiesen. Aus diesem Grund wurde in den letzten Jahren viel Hoffnung in die Ausweitung der Nutzung von Real-World-Evidence (RWE = die gewonnenen medizinischen Erfahrungswerte, die dann entstehen, wenn Patienten aus ihrer Perspektive berichten oder auch aus Studien, die eine Maßnahme durchgeführt durch den Patienten beobachten.) und Patient-Reported Outcomes (PROs = die gesammelten Informationen, die Patient*innen selbst in Fragebögen dokumentieren und an ihre Ärzte geben, zum Beispiel bei Studien aber auch in der Therapie) gesetzt. Diese bringen zusätzliche Informationen über den potenziellen Nutzen und die Risiken von Arzneimitteln und medizinischen Produkten.

Um das Potenzial zu verstehen, gehen wir einen Moment in das Nirwana des Gesundheitswesens. Stellen wir uns eine Welt vor, in der Behandlungsergebnisse von Patienten kontinuierlich und in standardisierter Form erfasst werden. Die Patienten wären nicht nur in der Lage, ihre eigene gesundheitliche Entwicklung nachzuvollziehen – beispielsweise wie sich ihr Zustand oder ihr Wohlbefinden in den letzten Jahren und mit verschiedenen Behandlungen und Lebensstiländerungen entwickelt hat -, sondern auch die klinischen Vorteile wären enorm.

Ärzte könnten mit einem Blick auf die Daten ihrer Patienten, erfasst in einem Dashboard wie zum Beispiel in der elektronischen Patientenakte, genau wissen, wie es einer Person geht und wie ihr Körper auf Behandlungen reagiert. Forscher könnten - zusätzlich zu den Erkenntnissen aus teuren klinischen Studien - auf umfangreiche Daten aus der realen Welt zurückgreifen. Dies würde weitreichende Erkenntnisse über Zusammenhängen zwischen Krankheiten, Lebensfaktoren und Behandlungen eröffnen und eine reichhaltige empirische Grundlage für weitere medizinische Innovationen bieten.

Entscheidungsträger auf allen Ebenen, von Gemeinden bis zu den europäischen Institutionen, wären dadurch in der Lage, Schwachstellen und die wirksamsten Lösungen für eine optimale Gesundheitsversorgung zu ermitteln. Kurz gesagt, die Erfassung von RWE auf diese Weise würde das medizinische Fachwissen, die Patientenversorgung und die menschliche Gesundheit grundlegend verändern.

Blicken wir jetzt nach Schweden und damit zum Möbelriesen: Von IKEA inspiriertes Gesundheitskonzept

Betrachtet man dieses Szenario, dann könnten Skeptiker anmerken, dass eine groß angelegte Berichterstattung über Patientenergebnisse vor allem teuer ist. Sie könnten kritisieren, dass Patienten, denen es in der Regel an Fachwissen mangelt und die möglicherweise nicht über Gesundheits- oder Datenkenntnisse verfügen, Schwierigkeiten haben werden, aussagekräftige Daten zu erfassen.

Hier könnte ein von IKEA inspirierter Ansatz zu Lösungen führen. Die Merkmale von IKEA und dessen Geschäftsmodells, die dem Unternehmen zu einem weltweiten Erfolg verholfen haben sind:

·       Der Kunde ist aktiv an der Herstellung des Endprodukts beteiligt.

·       Die Anweisungen sind so einfach wie möglich und weitgehend visueller Natur.

·       Die Standardisierung ermöglicht moderne, begehrenswerte und erschwingliche Produkte.

Diese Attribute sind genau das, was wir im Projekt Health Outcomes Observatory (H2O) anstreben. Kostenlose, benutzerfreundliche und nahtlos verknüpfte Anwendungen, die gemeinsam mit den Patienten entwickelt wurden. So kann man sich auf unkomplizierte Weise aktiv an der eigenen Gesundheitsversorgung beteiligen.

Patienten werden in der Lage sein, ihre Gesundheit in einer beliebigen Anzahl von Dimensionen zu verfolgen - von Müdigkeit und gesundheitlichen Zwischenfällen bis hin zu Reaktionen auf Behandlungen und das allgemeine Wohlbefinden. Vor allem für Patienten mit chronischen oder auch langwierigen Erkrankungen  ist es von großem Wert, ihren Gesundheitsverlauf besser zu dokumentieren und diese Informationen mit ihrem Arzt zu teilen, um evidenzbasierte, also auf der Erfahrung basierende, Entscheidungen zu erleichtern. Zusammen mit klinischen Informationen und Daten von Sensoren in Smartphones und anderen Geräten bilden patientenberichtete Daten die Grundlage für bessere Prognosemodelle und eine wirklich zielgerichtete und personalisierte Gesundheitsversorgung. Es entsteht ein ganzheitliches Bild einer Person.

Patienten werden nicht nur selbst profitieren, sondern auch die Möglichkeit haben, zum Gesamtwissen über die Gesundheitsversorgung beizutragen: Ihre pseudonymisierten Daten können, bei Zustimmung des Patienten, in einer geschützten Umgebung und anonymisiert mit Forschern geteilt werden, um unser aller Verständnis von Biowissenschaften und Gesundheitspolitik zu verbessern,

Dieses Szenario ist keineswegs fantastisch. Zugegeben, in der Anfangsphase werden Kosten anfallen, da die notwendige Dateninfrastruktur aufgebaut, Apps entwickelt und Interessengruppen mobilisiert werden müssen. Aber wenn diese Voraussetzungen erst einmal geschaffen sind, können die Patienten selbst ihre eigenen Daten sammeln und melden. Viele Menschen verfolgen bereits ihre gesundheitlichen Daten: wie viele Schritte sie gemacht haben, ihre Herzfrequenz beim Sport, ihr Schlafverhalten und so weiter. Es kommt nur darauf an, diese digitalen Trends zu nutzen.

Lassen Sie uns also das IKEA-Prinzip nutzen. Durch die Entwicklung benutzerfreundlicher, und partizipativer neuer, auch digitaler Anwendungen können wir es Patienten ermöglichen, nicht nur passive Subjekte der medizinischen Versorgung zu sein, sondern aktive Teilnehmer an unserem gemeinsamen Streben nach medizinischem Wissen und Wohlbefinden.

 

Die Autorinnen:

Meni Styliadou

Vizepräsidentin, Gesundheitsdaten-Partnerschaften, Data Science Institute, Takeda

Tanja Stamm

Professorin, Institut für Outcomes Research, Zentrum für Medical Data Science, Medizinische Universität Wien & Ludwig Boltzmann Institut für Arthritis und Rehabilitation

DSL-EPA 2 – Von Informationen über Emotionen und viele Fragen

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Rund 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Patientenorganisationen, Menschen mit Erkrankungen und Experten von Krankenkassen, Behörden und anderen Institutionen wie Unternehmen, hatten sich am 30. Mai zur zweiten Online Session über die Elektronische Patientenakte (ePA) versammelt um gemeinsam mit einem hochrangigen Diskussionspanel Fragen und mögliche nächste Schritte zu diskutieren.

Mit dabei waren im Panel Lena Dimde, Produktmanagerin der gematik, https://www.gematik.de  Sarah Richter, Patientenvertreterin und Teammitglied von Melanom Info Deutschland, https://www.melanominfo.com  Alexandra von Korff, Frau mit Brustkrebs und Podcasterin über Brustkrebs https://kick-cancer-chick.com , sowie Dr. Benjamin Friedrich, Gründer und Geschäftsführer von Temedica und Beiratsmitglied Data Saves Lives Deutschland. Die Moderation übernahmen, wie immer im Team, Ihno Fokken DSL DE Kommunikationsexperte und Birgit Bauer, Gründerin und Projektkoordinatorin, Patient Expert und Frau mit Multiple Sklerose.

Die ePA ist für viele Menschen, egal ob mit Erkrankung lebend oder nicht, bis heute eine Art „Black Box“, eine große Unbekannte, die bis heute mehr ungenutzt als in Gebrauch ist. Ein deutliches Problem ist, neben der fehlenden Kommunikation, die besonders von Patientenvertreter: innen immer wieder angemahnt wird, auch die Verweigerungshaltung von Ärzt: innen, die Daten nicht in die ePA übertragen und auch die fehlende Übersicht geplanter Funktionen.

 Zudem ist das Thema eines, das hoch emotional besetzt ist. Negative Emotionen wie Frust, Ärger aber oft auch unbeantwortete Fragen oder falsche Informationen sorgen dafür, dass das Thema zu emotionalen Ausbrüchen führt. Auch in dieser Online Session kamen diese zum Vorschein. Bereits noch bevor die angekündigten Experten vollständig zu Wort gekommen waren, kamen erste Wortmeldungen ins Panel, die auch im Bild den hohen Emotionsgrad darstellten. Dennoch, allen Emotionen zum Trotz, es gab auch spannende und aktuelle Informationen.
Lena Dimde erklärte, was es mit der ePA auf sich hat und was der Stand der Dinge ist. Man versuche natürlich, so Dimde, in Patientenworkshops mit Patienten konstruktiv zusammen zu arbeiten, um herauszufinden, was nächste Schritte oder auch wichtige Bestandteile der ePA sein müssen oder könnten. „Der nächste Workshop ist am 26. August geplant und wir freuen uns auf eine nächste sachliche Diskussion mit Patientenvertreterinnen und Patientenvertretern“, so die Expertin, die auch klar machte: die Entwicklung der ePA steht im Moment am Anfang, da es auch noch diverse gesetzliche Entscheidungen benötigt, um fortzufahren.

Wir sehen es so: Da ist noch Platz für Meinungen und konstruktive Ideen, um eine ePA zu entwickeln, die den Bedarf möglichst vieler Nutzerinnen und Nutzer von Anfang an trifft. Allerdings ist es auch eine Aufgabe, diverse „Spezialbedürfnisse“ zu erfüllen, die in verschiedenen Erkrankungsfeldern existieren. Sei es vom Speichern von radiologischen Aufnahmen bis hin zu Notfalldatensätzen mit sehr speziellen Informationen bei seltenen Erkrankungen. In der Diskussion wurde schnell klar, Menschen mit Erkrankungen, sei es langfristig oder chronisch erkrankt, brauchen eine ePA. Und sie brauchen Ärzte, die selbige befüllen. Gleichwohl es für die Erstbefüllung, so Lena Dimde, auch ein Gerücht ausräumend, ein Honorar gibt, das, was davor war, ist Sache der Person, die die ePA nutzen möchte. Eine Herausforderung für viele, besonders chronisch Kranke, die bereits Dokumente oder Befunde lagern, denn wie soll man diese, oft auch schon gelöschten Unterlagen noch in die ePA bekommen? Ebenso technisch nicht so versierte Personen haben durchaus ihre Probleme, so wies ein Teilnehmer hin. Oder auch Personen, die betreut werden müssen oder Kinder.

Was insgesamt durch die Erklärungen klar wurde, wir beginnen erst damit die ePA zu gestalten.  Das bedeutet, einfache Funktionen sollten schnell überall möglich sein, wie z.B. die Integration des Medikationsplan, andere Funktionen können in den nächsten Entwicklungsschritten integriert werden.

 Eines war aber klar, und das kam auch aus dem Panel:

  1. Wir brauchen die ePA. Jetzt. Nicht später.

  2. Patient: innen wollen mitmachen – um möglichst viele Bereiche von Anfang an abdecken zu können

  3. Wir brauchen nicht viele Tools, wir brauchen eine funktionierende ePA – Patient: innen sind müde ob der massiven Auswahl von Apps und Tools, um Gesundheitsdaten zu sammeln, sie wünschen sich einen Ort an dem alles zusammenkommen kann. Auch selbst gesammelte Daten übrigens, die Aufschluss darüber geben können, wie es der Person zwischen Arztbesuchen so erging.

  4. Es ist nötig, eine sachliche Diskussion zu führen, um endlich in die Entwicklung einzusteigen. Gleichwohl muss sich der Gesetzgeber jetzt darum kümmern, nötige Beschlüsse zu fassen, damit das passieren kann.

  5. Der Schutz von Gesundheitsdaten ist wichtig. Keine Frage. Alle waren sich einig. Allerdings geht es für viele Menschen mit Erkrankungen zum einen um bessere Versorgung, nicht selten ums Überleben oder auch darum, endlich eine bessere Lebensqualität zu erreichen. Und dafür brauchen wir die ePA. Um Versorgung, aber auch Vorsorge für Personen zu gestalten. In Zeiten, in denen wir über Patientenzentrierung und personalisierte Medizin sprechen, wohl eine Grundlage, oder?

  6. Die ePA muss eine einfache Lösung sein, sie muss Arztbesuche vereinfachen und dafür sorgen, dass der Arzt die Zeit mit dem Patienten verbringt und nicht mit Arbeit am Rechner.

  7. Viele Patienten haben Angst vor Stigmatisierung – Verschattung von Diagnosen muss möglich sein. Hier ist aber auch zu sehen, dass eine Diagnose oft Einfluss auf eine andere nehmen kann, daher sind auch bessere Informationen nötig, um Patienten das Bewusstsein zu verschaffen, wann es sinnvoll ist, Daten zu verschatten.

  8. Keine Bitte, sondern eine Forderung: Patientenpartizipation ist der Schlüssel!

 

So gesehen, es gibt viel zu tun und es gibt hier unzählige Punkte, die es noch zu klären gilt.

Und genau deshalb packen wir hier an. Statt einer weiteren ePA -Session gibt es mehr Stoff:

Wie immer gibt es die Aufzeichnung mit O-Tönen zum Nachschauen auf unserem YouTube Kanal: https://youtu.be/FGE9uTk2I3Q

Zum anderen sind wir bereits mit der gematik in Kontakt und haben eine Liste aller in der Session gestellten Fragen an das Team geschickt und werden gemeinsam an Antworten arbeiten. Und wir können eins sagen: Schüchtern sind wir nicht, wir fragen nach, wenn es nötig ist.

In Kürze kommen wir mit einem ePA – Dokument zurück. Wir haben alle Fragen an die gematik geschickt und warten derzeit noch auf die Antworten der Experten. Daraus machen wir den DSL DE ePA – Anker. Von unseren Teilnehmern gefragt, von Experten beantwortet. Und mit weiteren Informationen bestückt.

Bis dahin: Folgen, Kommentieren, Fragen! Nur so können wir als Projekt überleben und Patient: innen und Patientenorganisationen dabei unterstützen, in Sachen Gesundheitsdaten die Informationen zu finden, die wirklich wichtig sind.

Das Digitalzentrum im Gesundheitswesen und die ePA

Wir haben beim letzten Webinar am 28. März zur ePA deutlich gehört, dass das Thema für Euch alle interessant und spannend ist, zumal wir auch sahen, wie viele Fragen es zur ePA gibt. Deshalb haben wir in diesem Fall alles dafür getan, dass die gematik uns eine Vertreterin schickt, die zum einen Fragen beantworten wird aber auch neue Informationen zum Thema dabei haben wird. Daher freuen wir uns sehr, dass es klappt!

Wir sind im Endspurt zum zweiten Teil unserer ePA Online Session (ePA = elektronische Patientenakte), die am 30. Mai von 13.00 bis 14.00 stattfinden wird.

Wer immer mitmachen möchte sendet eine E-Mail an: DSL@friesischefreiheit.com

Viele von Euch werden sich jetzt fragen: gematik? Wir haben daher im Vorfeld mit der gematik, der „nationalen Agentur für digitale Medizin“ gesprochen und haben hier einige Informationen für Euch.

Was macht die gematik genau?

Die gematik: Digital-Zentrum im Gesundheitswesen.

Die gematik kümmert sich um eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung der Menschen in Deutschland. Das gelingt nur mit digitalen Lösungen wie eben der elektronischen Patientenakte oder auch DIGA – digitalen Gesundheitsanwendungen oder auch künstlicher Intelligenz, die man schon heute in der Radiologie findet. Sie helfen dabei, dank mehr Informationen die Behandlung jeder bzw. jedes Einzelnen zu verbessern. Diese Informationen stammen aus medizinischen Daten. Das können beispielsweise Befunde oder Diagnosen eines Patienten sein.

So gesehen, es geht um Gesundheitsdaten. Unser Thema, das wir breitflächig diskutieren und ins Gespräch bringen. Was bewirken Daten?

Daten führen zu mehr Wissen. Wissen führt zu besserer Versorgung und damit auch zu besserer Vorsorge und, wichtig für Menschen mit Erkrankungen, zu mehr Lebensqualität.

Diese Daten tragen alle zusammen, die Patient:innen medizinisch betreuen. Also Ärzt: innen, Therapeut:innen, Apotheker:innen oder auch die Patient:innen selbst. So entsteht ein umfassendes Bild über die Krankheitsgeschichte einer Person. Das hilft dabei, einer Person bestmöglich zu behandeln oder auch dafür zu sorgen, Patient:innen besser zu informieren, weil wir mehr über Erkrankungen lernen. Ärzt:innen, Kliniken, Reha- oder Pflegeeinrichtungen gehören zu denjenigen, die diese Informationen einsehen und ergänzen dürfen. „Heimathafen“ dieser Daten ist die elektronische Patientenakte (ePA).

Was kann ein Arzt einsehen?

Ein Beispiel: Sitzt eine Person bei einem Arzt oder einer Ärztin, liegt das Wissen über Befunde, Diagnosen oder auch Allergien digital schon vor. Das bedeutet, dass unnötige oder doppelte Untersuchungen nicht mehr nötig sind. Der Arzt oder die Ärztin kann sich ohne mühsame Abklärung der Vorgeschichte bei anderen Praxen direkt um den Patienten kümmern, weil es weniger Unsicherheit aufgrund von fehlenden Informationen gibt. Der Patient muss seine Befunde nicht von A nach B transportieren oder sich Notizen machen über das, was ein Arzt sagt, um es dem nächsten Arzt weiter erzählen zu können. Die so genannte digitale Medizin erledigt das und übernimmt quasi den Transport der Gesundheitsdaten einer Person, diese Daten sind mit der ePA quasi immer dabei.

Sind Daten bekannt, hilft das einen umfassenden Blick über die Gesundheitsgeschichte einer Person zu bekommen. Es gibt weniger Wissenslücken oder Fehlinformationen. Damit wird sichergestellt, dass eine Person optimal versorgt werden kann und aufgrund guter Informationen, die die Ärzt: innen an ihre Patient: innen geben, gut entscheiden.

Das heißt: digitale Medizin = mehr Patientensicherheit?

Digitale Medizin bringt ein hohes Maß an Patientensicherheit. Es ist nicht länger entscheidend, wo sich der Patient gerade aufhält oder in welchem Regal einer medizinischen Einrichtung seine Akte steht.

Dank digitaler Medizin gilt grundsätzlich: Die Informationen über die Gesundheit einer Person sind da vorhanden, wo die Person gerade ist.

Dafür braucht es Mittel und Wege, die über alle Versorgungsbereiche im Gesundheitswesen hinweg funktionieren. Hausärzte sollen über ihrem Praxisrechner genauso auf die Informationen zugreifen können wie Fachärzt: innen oder Krankenhäuser. Ebenso müssen Apotheken über ihr System die elektronischen Rezepte, also das e-Rezept, von Versicherten verwalten können, wenn diese eingelöst werden sollen. Reha- und Vorsorgeeinrichtungen sollen sich, genau wie das Pflegepersonal, mit Praxen oder Apotheken sicher per KIM-Mail austauschen können. KIM steht für Kommunikation im Medizinwesen.

So lassen sich beispielsweise Rückfragen zu einem Entlassbrief klären, den Patient: innen beim Verlassen des Krankenhauses bekommt und der dann den Ärzt: innen vorliegt, die die Nachbehandlung wie eine Reha oder auch eine ambulante Versorgung übernehmen.

Und was macht die gematik genau?

Unternehmensvorstellung

Logo: gematik GmbH

 Die gematik Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte im Jahr 2005 in der Rechtsform einer GmbH gegründet. Es handelt sich um eine GmbH, deren Fachgebiet es ist, die digitalen Strukturen in der Gesundheitsversorgung zu entwickeln.

Dabei ist eines der Zauberwörter: Interoperabilität.

Dank ihr können die Verwaltungssysteme unterschiedlicher Hersteller in den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens miteinander „sprechen“ und sich verstehen. So können die Daten einer Person, sobald sie eine medizinische Dienstleistung überall erfasst und genutzt werden – wichtiges Wissen über die Gesundheit einer Person geht so nicht verloren, sondern kann gewinnbringend für eine sinnvolle Behandlung eingesetzt werden.

Sichere Daten für bessere wie sichere Versorgung

Gesundheitsdaten sind sensible Informationen. Deshalb unterliegen alle Daten und Anwendungen besonders hohen Anforderungen an Datenschutz und Sicherheit. Die gematik sorgt als nationale Agentur für digitale Medizin dafür, dass diese Standards geprüft und eingehalten werden. Dies tut sie in gesetzlichem Auftrag in enger Abstimmung mit ihren Gesellschaftern. Mehrheitlicher Gesellschafter ist das Bundesgesundheitsministerium.

Wir bedanken uns bei der gematik für die Antworten und freuen uns auf die Online Session am 30. Mai 2023!

Weitere Informationen finden sich auf der Website der gematik: https://www.gematik.de

Text: Team DSL DE mit freundlicher Unterstützung der gematik GmbH

Eine DSL DE Online Session zur #ePA = Fragen, Antworten und Lust auf mehr

Auch die 2. Online Session von Data Saves Lives Deutschland (DSL DE), die unter dem Thema elektronische Patientenakte (ePA) – Perspektiven und Sichtweisen stand, war ein großer Erfolg. Mit über 30 Anmeldungen und Teilnehmer:innen, die zum Großteil Vertreter:innen von Patientenorganisationen, selbst Patient:innen oder pflegende Angehörige waren, war die Veranstaltung gut besetzt. 

Moderator Ihno Fokken von der Friesischen Freiheit freute sich über eine spannende Diskussionsrunde bestehend aus Sebastian Zilch (Unterabteilungsleiter 52 „gematik, Telematikinfrastruktur, eHealth“ des Bundesministeriums für Gesundheit), Oliver Merx, Gründer des ePA - Magazins und Patientenvertreter, PD Dr. med Benjamin Friedrich Chief Medical Officer und Co-Founder Temedica und der DSL DE Gründerin Birgit Bauer, die selbst mit MS lebt und als Digital Health & Social Media Expertin und Patient Expert.

Einige Erkenntnisse aus einer Kooperation mit der Deutschen Sarkom Stiftung

Bereits vor der Veranstaltung hatte das Team von Data Saves Lives Deutschland mit dem Team der Deutsche Sarkom Stiftung https://www.sarkome.de  auf Instagram eine Umfrage rund um Gesundheitsdaten gestartet und ein Stimmungsbild der Community darüber eingefangen, wie die Menschen Gesundheitsdaten betrachten oder deren Nutzen einordnen. Die Ergebnisse sind interessant: 

76% der Teilnehmer der Umfrage des Teams der Deutschen Sarkom Stiftung würden ihre Daten teilen.  Fragt man weiter, wofür die Daten genutzt werden könnten, sind die Antworten vielfältig: Um weiter zu forschen/ für die Forschung und Forschungszwecke und für Erkenntnisse über eine Erkrankung, für klinische Studien und Studien generell verbunden mit dem Wunsch nach Heilung. Ebenso wichtig scheint der Punkt der Vernetzung mit anderen Betroffenen zu sein und last, but not least, auch für Werbung könnten Daten genutzt werden. So die Meinung der Community, die wir auch in Bezug auf die elektronische Patientenakte immer wieder hören. Weil Daten eben auch mit der ePA verknüpft sind, da werden sie für die Person ja abgelegt. 

Die Online Session begann mit viel Interesse und noch mehr Schwung.

Schon vor dem offiziellen Startschuss  wurde fleißig diskutiert, was beispielsweise die Installation der elektronischen Patientenakte betrifft oder wenn man die eigene Akte von einem Smartphone auf ein Neues transferieren möchte. Oliver Merx, Gründer des ePA - Magazins und Patientenvertreter, sowie Birgit Bauer, Patient Expert und Frau mit MS, stimmten überein, technisch ist da Nachholbedarf weil:  

„Die ePA war dann erst mal weg“. 

Sebastian Zilch (Unterabteilungsleiter 52 „gematik, Telematikinfrastruktur, eHealth“ des Bundesministeriums für Gesundheit) in der Runde, erklärte: Übernahme möglich, jeder bekommt einen Code, den man gut aufbewahren sollte und mit diesen Codes steht den diversen Datentransfers nichts mehr im Wege. 

Und was ist im Notfall? 

Was, wenn eine Person im Krankenhaus als Notfall eingeliefert wird. Dr. med. Benjamin Friedrich, Chief Medical Officer und Co-Founder Temedica, sagte klar: „Ohne Daten ist ein Patient oder eine Patientin eine Black Box für mich, das heißt, ich kann die Person so nicht behandeln. Ist eine Patientenakte abrufbar und gibt es Notfalldaten, kann besser und schneller geholfen werden!“ 

Drin bleiben oder nicht? Der Opt-out ist hier die Frage!

Auch das Thema Opt-out war vielen wichtig. Sebastian Zilch, antwortete gefragt dazu klar, jeder kann jederzeit widersprechen. Aber, das war eine weitere, wichtige Information, wer raus ist, ist raus, eine Wiederherstellung der ePA ist nicht so einfach. 

Daten - Stigma und was Ärzte wirklich wissen müssen …

Das Thema “Daten” bewegte die Teilnehmer:innen besonders.  Der Fall, dass die Daten einer Person für Ärzte sichtbar werden, die sie nicht sehen sollen, ist in einigen Fällen besonders heikel. Beispiele sind psychische Erkrankungen wie Depressionen, aber auch eine HIV-Infektion oder andere Daten, die leicht zur Stigmatisierung führen könnten. Hier wurden klare Befürchtungen ausgesprochen. Verständlich, denn das kann auch zu Nachteilen im Leben führen. Die Botschaft der Experten: Stigmata müssen kontrollierbar bleiben. 

Das heißt auch, so Sebastian Zilch, dass Patient:innen ihre Daten selbst teilen können und die Möglichkeit besteht, Daten so zu verschatten, dass sie nicht für alle Ärzte einsehbar sind. Das aber muss die betreffende Person entscheiden. Auch was die Querverbindungen von Erkrankungen betrifft, kann dies schwierig sein. Wer mit mehreren Erkrankungen lebt, muss wissen, wie sich Therapieoptionen oder auch Symptome auf die unterschiedlichen Erkrankungen auswirken können. 

Und sonst: das was man selbst kauft muss auch in die ePA!

Weitere Punkte waren auch die Eintragung von Komplementärmedikamenten in die ePA. Hier gilt:  Alles, was man per Rezept in der Apotheke bekommt, wird eingetragen. Was man selbst, also over the counter (OTC) kauft,  muss man selbst ergänzen. Somit wird auch hier für eine möglichst vollständige Information gesorgt sein. 

Wenn man privat krankenversichert ist gilt:

Gefragt nach den privat Krankenversicherten, die bis jetzt keine ePA haben, gilt: Nachfragen. Eine private Krankenkasse muss im Prinzip eine elektronische Patientenakte schaffen, die der ePA der gesetzlichen Krankenkassen entspricht, weil sie denselben Regelungen unterliegt. 

Kurzweilig, spannend und eine klare Botschaft zum Schluss!

Es war eine kurzweilige, wie spannende Stunde, die eines klar verdeutlicht hat: Das Thema Gesundheitsdaten und die damit verbundenen Themenbereiche wie die elektronische Patientenakte sind wichtig und der Informationsbedarf ist sehr hoch. 

Birgit Bauer von DSL DE Deutschland forderte klar in Richtung Regierung, Ministerium aber auch an alle anderen Beteiligten wie Ärzte oder Krankenkassen: „Wir brauchen Information, Kommunikation und zwar jetzt und nicht erst wieder, wenn es zu spät ist. Die Menschen müssen verstehen, um was es in Sachen Digitalisierung geht und warum es jetzt wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen! Dafür sind wir mit DSL DE angetreten und wir geben unser Bestes, alle die zu unterstützen, die jetzt mehr wissen müssen“, und erntete damit großen Zuspruch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.  

Ein weiterer Auftrag der Anwesenden ging an das DSL DE Team: „Wir wollen eine zweite Session zum Thema, das war klasse und informativ, aber wir haben da noch viele Fragen!“ 

Ein Auftrag, der das DSL DE Team freut und wir können sagen: Wir arbeiten schon daran. 

Wenn Sie heute schon Fragen für die nächste Diskussion haben, freuen wir uns, wenn Sie uns eine E-Mail schreiben oder auf unseren Social-Media-Kanälen mit uns Kontakt aufnehmen. 


Die Aufzeichnung der Session können Sie wie immer auf unserem Bewegtbild - Hub nachschauen.

Sie finden sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=9nCUPbNr300

Die Datenlücke zum Weltfrauentag – Gender Data Gap

Eine Mutter steht neben ihrer kleinen Tochter, die ein Schild hält: Fight like a girl!

Geht es um den Welt Frauen Tag, ist der Begriff „Gender Pay Gap“ vielen bekannt.

Es ist die Lücke in Sachen Einkommen zwischen Männern und Frauen. Wenn es um Führungspositionen geht, gibt es auch das eine oder andere derzeit ungelöste Problem, das seit dem ersten Weltfrauentag im Jahre 1911 immer wieder besprochen wird.

Schaut man sich zum Welt Frauen Tag um, gibt es von fluffig-blumigen Themen bis hin zu vielen wiederholten Diskussionen viel, über das wir schreiben könnten. 

Aber es gibt eine Lücke, die haben nicht wirklich viele auf dem Radar: Gender Data Gap. 

Ein Satz, den wir lange schon hören: Gesundheit ist weiblich. 

Was auch stimmt, schaut man sich das Thema genauer an. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung erklärte 2021 anhand einer Statistik, dass der Anteil der Studierenden in der Medizin aus zwei Drittel Frauen besteht.

Diese Behauptung, dass Frauen die Gesundheitsmanager einer Familie sind, kommt auch nicht von ungefähr. Frauen versorgen Familienmitglieder im Krankheitsfall, übernehmen Pflege für Kinder und ältere Angehörige. Passiert etwas mit einem Familienmitglied, kennen sie die Krankheitsgeschichte sehr genau und versorgen den Notarzt mit ersten notwendigen Daten.  Damit sind sie wohl eine der größten, sich ständig erweiternden Sammlung von Gesundheitsdaten. Jede Erkrankung verschafft hier wichtige Updates, die natürlich geteilt werden. Mit Ärzten, Therapeuten und nicht selten mit anderen, Freundinnen, Verwandten oder auch Kolleginnen oder Kollegen. Man spricht über Erfahrungen mit Medikamenten, empfiehlt Ärzte oder Therapeuten und teilt damit, meist unbewusst, Gesundheitsdaten mit anderen. 

So gesehen: Wir sind umgeben von Gesundheitsdaten

Sie helfen Ärzt:innen bei der Diagnosestellung, unterstützen Patient:innen bei Therapieentscheidungen und liefern wichtige Befunde von Laboruntersuchungen wie zum Beispiel einer Blutuntersuchung. Diese Daten entstehen im ersten Kontakt, sie informieren über einen Menschen, daher nennt man sie im Fachjargon auch primäre Gesundheitsdaten. Sammelt man diese Daten in einem Datensatz und analysiert man sie, spricht man von einem sekundären Nutzen. In dem Fall helfen Menschen mit ihren Daten anderen Menschen. Entweder bei der Diagnose, Verbesserung der Lebensqualität usw.. Ein weiterer Sammelpunkt von Gesundheitsdaten sind klinische Studien. Sie werden oft von der pharmazeutischen Industrie mit entsprechenden Ärzt:innen durchgeführt. In klinischen Studien wird zum Beispiel die Wirkung eines Medikamentes oder die Dosierung geprüft. 

Am Ende ist das alles eins: Daten. Oft sind sie lebenswichtig, können positiven Einfluss auf die Lebensqualität einer Person haben und dafür sorgen, dass Patient:innen wieder gesund werden oder Erkrankungen in ihrer Progression zumindest gestoppt werden. 

Daten sind überall und dennoch sind da Lücken im System

Was uns zur Gender Data Gap bringt. Die Lücke, die sich auftut, wenn man Männlein mit Weiblein vergleicht. Weil eben nicht Frau und Mann gleich sind. Beispiel? Herzinfarkt ist nicht gleich Herzinfarkt, wer sagt uns, dass Frauen nicht eine andere Dosierung bei Medikamenten brauchen als Männer? Könnten Daten hier nicht helfen, eine Lücke im Wissen zu schließen? Behandlungsmethoden zu verfeinern und geschlechtsspezifisch anzupassen? Damit auch Medizin zu personalisieren? 

 Gender Data Gap - was ist das also?

Unter dem Begriff „Gender Data Gap“ versteht man im Allgemeinen, dass geschlechtsspezifische Daten, die für ein Handlungsfeld entscheidungsrelevant sind, fehlen. Gap = Lücke. 

Um diese Lücke zu füllen, ist es nötig, Daten nach Geschlecht sortiert zu erheben und auszuwerten. Wichtig ist das zum Beispiel besonders, wenn es um die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) und damit dem maschinellen Lernen geht. Also wenn man einen Algorithmus entwickelt, der hilft, kleinste Merkmale von Erkrankungen aus Tests in der Radiologie etc., zu erkennen. Denn eine vollständige Datengrundlage ist die Grundvoraussetzung für den vertrauensvollen und transparenten Einsatz von KI-Systemen. Außerdem muss vermieden werden, dass der Gender Bias, also ein geschlechtsbezogener Verzerrungseffekt entsteht, der für sexistische Vorurteile oder Stereotype sorgen würde, vermieden wird. Sonst riskiert man eine lücken- oder fehlerhafte oder auch vorurteilsbehaftete Datei, die von der KI reproduziert wird. 

 

Es gibt viele Ideen oder Prinzipien, die sich um diese Lücke ranken - wir haben mal nachgefragt!

Zum Beispiel Eva Schumacher Wulf. Eva ist Mitglied unseres Beirates und lebt mit metastasierendem Brustkrebs und fragt sich: Geschlechtsspezifische Daten – Woke Idee oder medizinisch sinnvolle Forderung? 

(Woke – ist aus dem englischen “wake”, also wach. In dem Zusammenhang steht woke für eine besonders engagierte und bewusste Diskussion rund um geschlechtsspezifische Daten) 

Die gesellschaftlichen Genderdiskussionen nehmen zurzeit viel Raum ein. In der Debatte geht etwas unter, dass es biologisch tatsächlich Männer und Frauen gibt. Ja, ich traue mich, das zu sagen. Denn in der Medizin spielt das eine große Rolle. Männer und Frauen haben nicht nur andere Gesundheitsrisiken und Krankheitsverläufe, sie reagieren beispielsweise auch unterschiedlich auf Medikamente. In der Bewertung von Lebensqualität, die glücklicherweise einen immer größeren Stellenwert in der Entwicklung und Bewertung neuer Medikamente einnimmt, spielen auch unterschiedliche Parameter eine Rolle. All das wird bis heute nicht separat erfasst, wäre aber dringend nötig, um den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten gerecht zu werden. Es geht hier also um mehr als eine woke Idee, weshalb ich mir auch eine Diskussion wünsche, die weniger emotional aufgeladen ist. Daten retten und verbessern Leben, wenn sie sinnvoll erhoben und genutzt werden.  

Man könnte jetzt behaupten, dass diese Diskussion durchaus nicht nötig ist, hat doch die EU im Jahr 2021 mit Wirkung zum 31.01.2022 beschlossen, dass klinische Studien eine repräsentative Geschlechter- und Altersverteilung aufweisen müssen. Zudem wurde beschlossen, dass die Studienergebnisse für Laien, also für normale Menschen verständlicher und zugänglicher gemacht werden.

Die Frage ist: ist dem so? Sind Studienergebnisse einfacher zugänglich und verständlich? Oder ist es überhaupt nicht nötig, Daten aufzuteilen? 

Eine gewollte Lücke in der Vergangenheit, nun eine Chance für die Zukunft, bessere Versorgung für alle Menschen zu gewährleisten?

Auffällig beim Thema Gender Data Gap ist weniger, dass es die Lücke gibt, vielmehr stellt sich die Frage, warum diese in der Vergangenheit selten in der aktuellen Breite diskutiert worden ist. 

Verantwortlich dafür ist zum einen die in ihren Anforderungen statische Forschungsindustrie. Zum anderen ist es auch das  fehlende öffentliche Interesse, Gesundheitsdaten in ihrer Komplexität zu erfassen, zu verstehen und zu diskutieren.

 Zusätzlich existiert ein grundsätzlicher blinder Fleck in der Gesundheitswirtschaft hinsichtlich spezifischer menschlicher und sozialer Parameter, ob weiblich oder auch hinsichtlich sozialem Milieu, der u.a. auch dem geringen Frauenanteil in Führungspositionen im Gesundheitsbereich geschuldet ist, wie auch die Analyse „Frauen in der Gesundheitswirtschaft 2020“ von PwC zeigt.  

Gerade wenn es um eine bessere wie geschlechtsspezifische Versorgung in der Medizin geht, müssen geschlechtsspezifische Unterschiede in der Erhebung von Gesundheitsdaten stattfinden. Es ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, diese Unterschiede wahrzunehmen und in die Gesundheitsversorgung zu integrieren.  

Das kann in der Entwicklung von Wirkstoffen und Therapieansätzen geschehen. Ein anderer Ansatz liegt in der Wertschätzung gegenüber Frauen, die sich jeden Tag in der Gesundheitswirtschaft und für die Bevölkerung für gute Gesundheitsversorgung, personalisierte Medizin und sinnvolles wie wirksames Erkrankungsmanagement einsetzen. Egal ob professionell oder aber auch für ihr direktes Familienumfeld.  

Es gibt viel zu tun 

Für Frauen geht es nicht nur um gute medizinische Versorgung und Vorsorge sondern auch für bessere, geschlechterspezifische, nicht nur personalisierte Medizin. Die Lücke, also die Gender Data Gap ist eine Lücke, die schließbar ist. In dem wir Daten geschlechtsspezifisch sortieren, auswerten und damit auch feststellen, wo es  wirklich Lücken gibt und wo nicht. Denn wenn ein Herzinfarkt bei Frauen anders auftritt als bei Männern, wissen wir, dass ein Schlaganfall so gut wie gleich bei Frauen und Männern verläuft. Die Frage wird also sein, diese Lücken aufzuspüren und daraus neue Erkenntnisse zu ziehen. Entweder aus bereits vorhandenen, neu sortierten Daten oder aber aus denen, die von Menschen geteilt wurden, um Medizin zu verbessern.

Daten können auch in diesem Fall durchaus einen wichtigen Einfluss auf unsere Versorgung haben. Wenn sie genutzt werden. Können.

 

Weitere Leselinks:

Frauen sind oft unterrepräsentiert in klinischen Studien: 

https://www.profil.de/blog/geschlechterverhaeltnis-in-klinischen-studien

 https://zeitfuerx.de/forschung/fatale-folgen-fuer-frauen/

Gender Data Gap - https://www.br.de/nachrichten/wissen/datenluecke-in-der-medizin-frauen-noch-immer-im-nachteil,SzVTJ7u



Autoren: Team DSL Deutschland!

Bilder: unsplash.de / Shutterstock

Wenn Daten fehlen … ein persönlicher Kommentar von Birgit Bauer für DSL DE

Wenn ein Familienmitglied erkrankt und man Notärzte und den Rettungsdienst braucht, wird es schwierig. Man befindet sich in einem emotionalen Ausnahmezustand. Bei mir war es vor einer Weile das Herzblatt, der sich mit einem übel schmerzenden Nierenstein plagte. Wir brauchten das volle Programm.

-       Notarzt & Rettungsdienst

-       Notaufnahme, Krankenhaus

-       Und Daten. Viele Daten.

Diese Daten brauchen die Ärzte. Sie müssen zum Beispiel wissen, ob es Allergien gibt, welche Medikamente ein Patient regelmäßig nimmt und ein bisschen Krankengeschichte aus der Vergangenheit ist auch nicht so schlecht. Hat man diese Daten nicht vollständig parat, was aufgrund einer fehlenden elektronischen Patientenakte (=ePA)  und Lücken in der eigenen Dokumentation durchaus passieren kann, wird’s eventuell schwierig. Wir konnten dem Notarzt die meisten, wichtigsten Fragen beantworten. Einige Daten blieben wir aber quasi schuldig.

Teilweise weil das Herzblatt nie bei seinen Ärzten danach gefragt hatte, andere hatten wir einfach nicht bekommen. Selbst wenn es ein Patientenrecht ist, ist es lange nicht üblich, immer alles zu bekommen. Das Versäumnis liegt dabei auf beiden Seiten: ich selbst stieß immer wieder auf Ärzte, die nicht bereit waren, mir Kopien auszuhändigen und auf der anderen Seite fragen auch Patienten nicht immer nach. Ob das daran liegt, dass sie über ihre Rechte nicht informiert sind oder sich aber auch scheuen „Umstände“ zu machen, ist mir nicht ganz klar. Dabei helfen Gesundheitsdaten immens, wenn es um richtige Behandlung, Wechselwirkungen oder Allergien geht.

So gesehen, hier sind die Daten einer Krankengeschichte, wir sagen auch liebevoll Odyssee dazu, geteilt mit der Erlaubnis von Herzblatt:

-       Wartezeit Rettungsdienst / Notarzt: ca. 30 Minuten, was ich mal als zügig bewerte und die waren echt bemüht und sehr zuvorkommend!

-       Schilderung Krankengeschichte Zuhause: 3mal um allen Papierkrieg zu regeln

-       Suche nach einem Krankenhaus: 30 Minuten, ich war in die Verhandlungen involviert

-       Im Krankenhaus: mehr als 5mal Abfrage der Anamnese

-       Zeit für den Patient 5 Minuten

-       Zeit für den Verwaltungsakt inklusive mehrfaches Abtippen der Daten durch den Arzt: jeweils 20 Minuten

-       Notaufnahme: Besuch 1 am Morgen, mittags Entlassung mit einem kurzen Arztbrief und einigen Schmerzmitteln, von denen eines sich definitiv mit der bestehenden Medikation von Herzblatt nicht verträgt. Hat keiner trotz, vorhandener, mehrfach wiederholter Daten, nicht auf dem Radar gehabt, aber ich habs bemerkt und entsprechend telefoniert.

-       Recherche und Telefonate meinerseits mit Ärzten zur Abklärung der Schmerzmittel: ca. 3 Stunden gesamt. Und ich bin informiert. Was wenn das jemand nicht ist?

-       Am Abend zurück im Krankenhaus: Herzblatt brauchte „das gute Zeug“ über die Vene.

-       Erneutes, mehrfaches Schildern der Anamnese, obwohl vom Morgen noch vorhanden

-       Ablesen der Daten durch den Arzt von einem Bildschirm und übertragen durch Abtippen in den anderen Computer – warum muss ein Arzt das tun?

-       OP-Aufklärung: Abgelesen vom Papier, abgehakt und von Herzblatt unterschrieben.

Kommentar Herzblatt: Der hätte mir auch ein Tablet geben können, ich kann lesen und abhaken!

Der Stein fand den Weg nach draußen. Am Sonntag. Was zur Entlassung führte und damit auch erneut zu viel Verwaltung und Zeitaufwand:

·      Warten auf die Unterschrift des Entlassungsbriefes, übrigens das Formular, das wir am Freitag nach dem ersten Besuch schon erhalten hatten, dieses Mal nur ohne Schmerzmittelempfehlung: 3 Stunden

·      Angefragte Dokumentation gab es nicht, wir hätten ja den Entlassungsbrief, Kopien von Befunden etc. waren nicht vorgesehen.  Wir könnten ja anrufen, falls wir etwas benötigen. Nun ja. Auch das Argument, das könne nur vom Facharzt angefragt werden, zog jetzt mal gar nicht bei mir. Ich beließ es aber erst mal dabei, der geplagte Mann wollte nach Hause und nicht verhandeln. Unser Hausarzt hat das dann auf Zuruf geregelt.

Es war eine nervenaufreibende Nummer.

Für den Patienten aber auch für mich als Angehörige, die einfach draußen bleiben musste. Es galten Coronaregeln, auch im Januar 2023. Und damit war ich außen vor. Was bei uns kein Problem war, Herzblatt konnte kommunizieren und mich informieren. Aber was ist, wenn das nicht mehr geht?

Unser Gesundheitssystem ist ein Papier- und Zeitfressendes Monster, das Ärzte zum Sekretariats- und Verwaltungsdienst verdonnert. Daten, die helfen könnten, liegen nicht vor, weil wichtige Elemente fehlen  wie eben die ePA oder weil wir die Daten schützen müssen und sorry, nein, wir schleppen üblicherweise keine Aktenordner mit Befunden mit uns herum. Die liest sowieso keiner. Dafür ist nämlich keine Zeit.

Unser System macht es Patienten nicht einfach vernünftig behandelt zu werden und auch den Ärzten nicht, diese anzubieten. Müssen sie doch ihre Verwaltungsarbeit zuerst erledigen. Das ist, sorry, krank. Und gesund werden ein massives Problem.

Wäre dieses System ein Wirtschaftsunternehmen gäbe es wahrscheinlich zwei Möglichkeiten, so das Herzblatt:

Man hätte das Unternehmen radikal umgebaut, auf einen neuen technischen Stand gebracht, der zulässt, dass Daten abteilungsübergreifend, gar länderübergreifend geteilt werden, damit alle Mitarbeiter und Abteilungen auf einem Stand sind und entsprechend effektiv und wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können.

Oder aber man hätte das Ding schlicht geschlossen. Wegen zu teuren Strukturen hätte man das Licht ausgemacht. Fertig.

Ob man unser Gesundheitssystem einfach schließen kann, wage ich zu bezweifeln, dass es uns alle viel Geld kostet nicht. Das ist eine Tatsache. Daher ist es Zeit für einen radikalen Umbau, der zulässt, dass Patienten behandelt und nicht verwaltet werden und die Ärzte damit auch ihrer eigentlichen Aufgabe nachgehen können: Patienten gut zu versorgen. Wir brauchen ein System, das Daten schützt, aber deren Nutzung in einem sinnvollen Rahmen zulässt und damit hilft, Erkenntnisse zu gewinnen, die uns jetzt fehlen. Für gute Versorgung und Vorsorge. Jetzt.